Winterhude – Ein Stadtteil mit vielen Gesichtern

Hin und wieder werden die Hamburger Bürger von Zeitungen oder Webseiten dazu aufgerufen, ihren Lieblingsstadtteil zu wählen. Ein Name, der dabei immer wieder fällt, ist Winterhude. Mit diesem Flecken Hamburg verbindet man in erster Linie stuckverzierte Altbauwohnungen oder Villen an der Alster. Doch Winterhude hat viele Gesichter: zum Beispiel die Ende der 1920er Jahre als moderne Arbeitersiedlung erbaute Jarrestadt. Oder die Bürolandschaften der City Nord, in der einige der renommiertesten Arbeitgeber der Hansestadt residieren. Und natürlich liegt auch der Hamburger Stadtpark mit dem Planetarium auf dem Gebiet Winterhudes.

 

Über den Mühlenkamp an die Alster

Beginnen wir unsere Rundreise im Süden Winterhudes, der dem Bild des Stadtteils als mondänes Pflaster wohl am ehesten entspricht. Das Zentrum dieses beliebten Quartiers ist der mit kleinen Geschäften und Restaurants dicht besiedelte Mühlenkamp. Trotz der viel befahreren Straße kommt hier in den warmen Monaten schnell eine gelassene Gemütlichkeit auf, wie man sie sonst von den Promenaden betuchter Ferieninseln kennt. Nimmt man in einem der gut besuchten Cafés auf der Flaniermeile Platz, kann man wahlweise Bonvivants bei der Einnahme eines gut gekühlten Weißweins beobachten oder aber die neueste Kollektion von Hightech-Kinderwagen bestaunen, die dem Café-Besucher von stolzen Müttern präsentiert wird.

Fußläufig erreicht der Winterhuder von hier die Alster und biegt über die hübsche Körnerstraße auf die Straße Bellevue ein. Selten wurde ein Straßenname passender gewählt, denn hier kann sich das Auge des Betrachters zwischen den Eindrücken aus Alsterpanorama zur Linken und herrschaftlichen Villen zur Rechten das Angenehmste auswählen. Über die mit vielen Alt- und einigen Neubauhäusern bebaute Sierichstraße geht es über den Poelchaukamp zurück zum Mühlenkamp, wo man sich nach dem Ausflug jetzt sein zweites Gläschen Wein verdient hat. Die Sierichstraße trägt zusammen mit der Gertigstraße den Namen der ehemals einflussreichsten Männer Winterhudes. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts sorgten Johann Friedrich Bernhard Sierich und Julius Gertig mit dem Ausbau der Infrastruktur dafür, dass aus dem kleinem Bauerdorf Winterhude ein bedeutender Industriestandort in Hamburg wurde.

Die Jarrestadt: Für den Arbeiter geplant

Zu den Pionieren der Industrialisierung Winterhudes gehörte die Firma "Nagel & Kaemp", die sich 1875 am schiffbaren Teil der Osterbek ansiedelte. Andere Unternehmen folgten auf dem Gebiet zwischen Barmbek und Winterhude. Ab 1890 wurden bei "Nagel & Kaemp" vornehmlich Schiffs- und Hafenkräne produziert. 1934 wurde der Firmenname in Kampnagel geändert; dieser Name wird heute in Hamburg eher mit anspruchsvollen Kulturveranstaltungen als mit Schwerindustrie in Zusammenhang gebracht. Seit 1982 wird das Gelände als Veranstaltungsort für zeitgenössische darstellende Kunst genutzt; eine große Portion des alten Industriecharmes blieb auf Kampnagel allerdings weiter bestehen.

Um den Arbeiter in der Nähe ihrer Arbeitsstätten auch Wohnmöglichkeiten zu geben, wurde in den 1920 Jahren eines der damals ambitioniertesten Wohnnungsbauprojekte Europas in die Tat umgesetzt. So entstand zwischen Ostbekkanal, Wiesendamm und Goldbekkanal die Jarrestadt mit ihren charaktischen vier- bis sechsgeschossigen Wohnhäusern aus rotem Klinker. Die überwiegend 2½-Zimmerwohnungen mit 50 bis 60 m² Wohnfläche waren schon damals mit Bad, Küche und fließendem warmen Wasser ausgestattet. Ein Komfort, der wiederum das Wohnen für den Großteil der Arbeiterschaft durch die vergleichsweise hohen Mieten unerschwinglich machte. Heute ist das milieu- und denkmalgeschützte Quartier zwischen Alster und Stadtpark ein durchaus beliebtes Wohngebiet.

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Rund um den Marktplatz

Am Winterhuder Marktplatz beginnt der nördliche Teil Winterhudes. Wer hier wohnt und sich wohl fühlt, muss sein Quartier im Prinzip nicht mehr verlassen. Supermärkte, Boutiquen, Ärzte, Apotheken und Restaurants: Hier hat man alles vor seiner Haustür. Und will man doch mal weg, ist die U-Bahn Station Hudtwalckerstraße in sekundenschnelle erreicht. Vom Winterhuder Marktplatz führt die Alsterdorfer Straße weiter in den Norden des Stadtteils. Hier treffen sich die Winterhuder in den Sommermonaten in den Cafés und Kneipen gerne mal auf ein Pläuschen. Noch weiter nördlich in Höhe der U-Bahn Station Lattenkamp erstreckt sich eine reine Wohngegend mit zahlreichen Reihenhäusern, die mit ihrem rotem Klinker auch in Barmbek nicht weiter auffallen würden. Hier ist das Wohnen in Winterhude zwar nicht sonderlich prätentiös, dafür aber auch für Hamburger mit nicht ganz so prall gefüllten Geldbeutel finanzierbar.

City Nord: Der Schreibtisch Hamburgs

Ähnlich wie die Jarrestadt wurde auch die City Nord am Reißbrett geplant. Ende der 1960er Jahre florierte die Wirtschaft und die Hamburger Großbetriebe verlangten nach Büroflächen. Keine kleine Aufgabe für die Stadtplaner: Die Innenstadt war nach dem Krieg schon längst wieder bebaut und angrenzende Gebiete wie Harvestehude oder Uhlenhorst sollten nicht zu Bürogebieten entwickelt werden. Ein New York Besuch brachte den damaligen Oberbaudirektor Werner Hebebrand auf die entscheidende Idee. Eine neu gebaute Geschäftsstadt sollte die Hamburger Innenstadt entlasten. Verkehrsgünstig gelegen bot sich das Areal nördlich des Stadtparks für die Verwirklichung dieses Planes an. Schnell entstanden rund um den Überseering, der zentralen Zufahrtsstraße in die City Nord, etliche markante Verwaltungsgebäude. Mit Firmen wie Tchibo, EDEKA und Vattenfall haben dort einige der bedeutendsten Unternehmen Hamburgs ihren Verwaltungssitz. Aufgelockert wird das Areal durch weite Grünflächen, in denen man in den Pausen ein wenig Energie auftanken kann.
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Das grüne Herz Winterhudes

Die Reise durch den Stadtteil endet an einem der idyllischsten Orte Hamburgs. Natürlich ist eine Beschreibung Winterhudes nicht komplett ohne eine Erwähnungs des weit über die Stadtteilgrenzen beliebten Stadtparks. Hier wabern in den Sommermonaten dicke Grillrauchwolken über der großen Festwiese zwischen Planetarium und Stadtparksee. Im Nordosten des Stadtparks gelegen, hat die Freilichtbühne schon etlichen Weltstars einen entspannten Gig beschert. James Brown, Joe Cocker, Sting, The Cure, Massive Attack, Lady Gaga und viele, viele andere: Sie alle haben sich schon im Winterhuder Stadtpark um die Gunst ihres Publikums bemüht.

Wer will nach Winterhude?

Nachteulen und Szenegänger sollten lieber in St. Pauli und Altona bleiben; sie werden in diesem eher etablierten Stadtteil wohl nicht wirklich glücklich werden. Doch der mit über 50.000 Einwohnern ohnehin bevölkerungsstarke Stadtteil wächst. Kein Wunder: Die Nähe zu Alster und Stadtpark, die schönen Altbauwohnungen und die hervorragende Infrastruktur Winterhudes locken immer mehr neue Einwohner an. Das schlägt sich dann aber auch in den Preisen des Wohnungsmarktes nieder. Während man in der Jarrestadt oder im Norden Winterhudes mit viel Glück noch eine erschwingliche Wohnung finden kann, wird man rund um den Mühlenkamp und in Alsternähe den Geldbeutel richtig weit aufmachen müssen.

 

4 Antworten auf „Winterhude – Ein Stadtteil mit vielen Gesichtern“

  1. Ich selber wohne auch in einer Villa mit Alsterzugang in Winterhude. Ich finde deinen Text über Winterhude hervorragend! Beste Grüße L.

  2. Ich bin gebürtiger Bremer und wohne seit 1970 in Achim,
    einer Kleinstadt zwischen Bremen und der Reiterstadt Verden.
    Aber wenn ich mal Hamburg besuche, gehören natürlich neben
    „Planten un Blomen“ und einigen anderen Sehenswürdigkeiten
    der Stadt auch die Außenalster und selbstverständlich der
    Ortsteil Winterhude zu meinen Besuchszielen. Zumal hier vor
    einigen Jahren auch die Tochter einer Nachbarin und ihr Mann
    ansässig geworden sind.

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